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überhaupt aussprechen, haben ja einen über das unmittelbar Gegebene, Erlebte hinausgehenden Sinn, also nach unserer Terminologie eine transzendente Bedeutung.

Dies zeigt uns, daß die Definition der Metaphysik als Wissenschaft vom Transzendenten unmöglich zweckmäßig sein kann, daß sie nicht die Bedeutung trifft, die dem Worte in der Philosophie eigentlich immer zugrunde gelegen hat. Zweifellos nämlich war die Absicht, mit dem Worte eine ganz besondere Wissenschaft zu bezeichnen, die von den übrigen prinzipiell verschieden ist. In der Tat glaubte man, daß die Erkenntnis des Transzendenten so etwas Besonderes, den Erkenntnissen der Einzelwissenschaften und des täglichen Lebens Verschlossenes sei. Aber wer Klarheit darüber gewonnen hat, daß dies in keiner Weise zutrifft, wird das Besondere, das die Metaphysik stets gewollt hat, an einem anderen Punkte suchen müssen. Er ist auch wirklich leicht zu finden, denn im Grunde haben uns viele metaphysische Philosophen selbst den deutlichsten Aufschluß darüber gegeben.

Bevor wir uns aber ihnen zuwenden, sei kurz die Meinung einer Klasse von Denkern beleuchtet, welche durch einen bedeutsamen Irrtum die Frage in Unordnung gebracht haben. Es sind die Vertreter der sogenannten „induktiven Metaphysik“. Auch sie verstehen unter Metaphysik einfach die Erkenntnis der transzendenten Welt, sie glauben ferner, daß sie prinzipiell mit Hilfe derselben Methoden möglich sei wie die Wissenschaft von der empirischen Welt — dennoch aber sind sie der Meinung, die Metaphysik ließe sich als eine eigentümliche Wissenschaft von den übrigen abgrenzen. Diese Meinung konnen sie nur dadurch halten, daß sie die Scheidungslinie zwischen der transzendenten Welt und der diesseitigen anders ziehen, als wir es im Vorstehenden getan haben. Während wir nämlich diesseits der Grenze nur das unmittelbar Erlebte, schlechthin Gegebene, Bekannte ansetzen und alles andere zum Transzendenten rechneten, nehmen die Vertreter der induktiven Metaphysik eine alte Ansicht unkritisch auf, die alle jene Gegenstände, über welche Einzelwissenschaft und Alltag gültige Aussagen machen, durchaus nicht dem Transzendenten beizählt, sondern zusammen mit dem Gegebenen einer erweiterten „empirischen Welt“ zurechnet. Und das Reich des Transzendenten läßt sie erst später beginnen. Wo freilich, darüber sucht man ver-